München, 19.11.2013 – Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe stärkt die Rechte der Erben gegenüber den Banken: Einem aktuellen Urteil zufolge ist eine AGB-Klausel unwirksam, wonach die Bank beim Tod eines Kunden generell einen Erbschein verlangen darf, bevor sie den Erben Zugriff auf die Konten gewährt. Das Deutsche Forum für Erbrecht erläutert und kommentiert die Entscheidung und gibt Tipps, wie Streit mit der Bank im Erbfall von vornherein vermieden werden kann.
In der Entscheidung vom 08.10.2013 (Az. XI ZR 401/12) ging es um eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse, die es in das Ermessen der Bank stellt, ob sie nach dem Tod des Kunden die „Vorlage eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse“ von den Erben verlangt. Dagegen klagte ein Verbraucherschutzverband mit der Begründung, die Klausel benachteilige Verbraucher unangemessen.
Diese Ansicht hat der Bundesgerichtshof jetzt bestätigt und die AGB-Klausel damit gekippt. Nach den gesetzlichen Vorschriften, so die Begründung der Richter, sei ein Erbe nicht dazu verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Er könne diesen Nachweis auch in anderer Form führen. Es existiere keine Regelung, die eine Bank dazu berechtige, ihre Leistung grundsätzlich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen
Die AGB-Klausel der Sparkasse, die von diesen gesetzlichen Vorschriften abweiche, sei mit deren Grundgedanken nicht vereinbar und benachteilige den Verbraucher unangemessen. Zwar habe eine Sparkasse nach dem Tod eines Kunden durchaus ein berechtigtes Interesse daran, der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme durch den vermeintlichen und den echten Erben zu entgehen. Allerdings folge daraus noch nicht, dass die Sparkasse einschränkungslos die Vorlage eines Erbscheins verlangen könne. Denn hier gingen die Interessen des Erben vor. Diesem sei regelmäßig nicht daran gelegen, ein unnützes, Kosten verursachendes und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führendes
Erbscheinsverfahren anstrengen zu müssen, obwohl er sein Erbrecht unproblematisch auch ohne Vorlage eines Erbscheins nachweisen könne. Das Verlangen der Bank nach einem Erbschein könne zwar in Zweifelsfällen, aber nicht pauschal gerechtfertigt sein.
„Das Deutsche Forum für Erbrecht begrüßt dieses Urteil“, kommentiert Paul Grötsch, Geschäftsführer des Vereins und Fachanwalt für Erbrecht in München, die Entscheidung. „AGB wie die gekippte Klausel der Sparkasse können den Erben viel Ärger bereiten: Sie müssen sie das zeitaufwändige Erbscheinsverfahren abwarten, bevor sie Zugriff auf die Erblasserkonten haben – notwendige Kosten wie die Beerdigung oder die Räumung der Mietswohnung des Verstorbenen sind dann zunächst aus eigener Tasche zu bezahlen“, erläutert der Erbrechtsexperte. „Zudem ist es nicht gerechtfertigt, dass der Erbe die Kosten für einen eigentlich unnötigen Erbschein bezahlen muss, nur weil die Bank sich quer stellt.“
Trotz der Entscheidung des BGH zu den Sparkassen sind Streitigkeiten zwischen Erben und Banken über die Erbscheinvorlage künftig jedoch nicht ausgeschlossen. „In Fällen, in denen sich das Erbrecht aus Sicht der Bank nicht zweifelsfrei ohne Erbschein nachweisen lässt, wird sie auch in Zukunft und auch ohne entsprechende AGB einen Erbschein verlangen“, erklärt Fachanwalt Grötsch. Sein Tipp: „Wenn der Erbe ohnehin eine enge Vertrauensperson ist, zum Beispiel der Ehepartner oder ein erwachsenes Kind, kann der Erblasser ihm noch zu Lebzeiten eine Bankvollmacht erteilen, die über den Tod hinaus wirkt.“ Damit hat der Erbe gleich nach dem Todesfall Zugriff auf die Konten und kann notwendige Bankgeschäfte abwickeln, ein etwaiger Streit um den Erbschein ist von vornherein hinfällig. Aber Vorsicht: Viele Banken akzeptieren weder privatschriftliche noch notarielle allgemeine Vorsorgevollmachten. Wichtig ist deshalb, dass der Erblasser die Vollmacht eine spezifische Bankenvollmacht nach den Vorgaben seines jeweiligen Kreditinstituts erteilt.
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