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Für Erbfälle ab dem 17.August 2015 gilt die neue EU-Erbrechtsverordnung – vor allem Auslandsdeutsche sollten jetzt reagieren
Das Deutsche Forum für Erbrecht e.V. informiert und beantwortet in seinem Monatstipp folgende Frage: „Wir sind ein deutsches Ehepaar, das seinen Ruhestand in Italien verbringt. Unsere Vermögensnachfolge haben wir schon vor Jahren in Deutschland in einem Berliner Testament geregelt. Nun haben wir in der Zeitung von der ab August geltenden Erbrechtsverordnung gelesen – müssen wir jetzt unser Testament ändern?“
München, 05.02.2015 Erben in Europa soll einfacher werden: Seit dem 16. August 2012 ist die EU-Erbrechtsverordnung in Kraft. Gelten wird sie aber erst in ein paar Monaten, und zwar für Erbfälle ab dem 17. August 2015. Betroffene europäische Bürger, zu denen auch Auslandsdeutsche zählen, sollten sich aber jetzt schon darüber informieren, was sich für sie ändert und ob Handlungsbedarf besteht.
Bislang gab es keine einheitliche europäische Regelung dafür, welches nationale Erbrecht in grenzüberschreitenden Fällen gilt und welche Gerichte oder Behörden zuständig sind. Für die Erben konnte die Abwicklung des Nachlasses so schnell chaotisch werden. Ein Beispiel: Nach der bisherigen Rechtslage wäre etwa der Fall eines deutschen Rentners problematisch, der seinen Lebensabend in Frankreich verbrachte und dort stirbt.
Grund dafür ist das unterschiedliche Kollisionsrecht in Frankreich und Deutschland, also das Recht, das bestimmt, welche Rechtsordnung bei einem grenzüberschreitenden Erbfall anzuwenden ist. Ein deutsches Gericht würde hier auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers abstellen und deutsches Erbrecht anwenden. Aus Sicht des Richters in Frankreich gilt hingegen grundsätzlich französisches Erbrecht, weil der Erblasser dort zuletzt wohnte. Es kann auch vorkommen, dass zwei Rechtsordnungen gleichzeitig für einen Nachlass gelten: Hinterlässt unser Rentner bspw. zusätzlich noch eine Immobilie in Deutschland, so gilt aus französischer Sicht nebeneinander deutsches und französisches Erbrecht.
Künftig gilt das Wohnsitzprinzip
Damit macht die EU-Verordnung Schluss: Bei grenzüberschreitenden Erbfällen ab dem 17. August ist für den gesamten Nachlass ist demnach eine Rechtsordnung zuständig, und zwar die des Staates, in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Auch die Zuständigkeit von Gerichten und Behörden bestimmt sich danach.
Künftige Erblasser, die im Ausland leben, sollten gerade wegen dieses Wohnsitzprinzips aber vorsichtig sein und genau prüfen, welche Folgen das Erbrecht der Wahlheimat bei ihrem T ode hat. Viele wissen nicht, wie unterschiedlich die Erbrechtsgesetze der Mitgliedstaaten sind. Ein Beispiel ist etwa das Erbrecht von Ehegatten und Kindern: In Deutschland erben sie grundsätzlich gemeinsam, in Schweden erbt unter Umständen der Ehegatte alleine und in Frankreich wiederum haben Ehepartner meist nur eine Art Nießbrauch am Nachlass.
Wer deshalb zu dem Schluss kommt, dass er trotz Wahlheimat im Ausland nach dem Recht seines Heimatlandes vererben will, kann das in der Verordnung vorgesehene Wahlrecht ausüben: In einem Testament können Betroffene bestimmen, dass für ihren Nachlass das Recht ihrer Staatsangehörigkeit gelten soll.
Bestehende Testamente sollten überprüft werden
Doch auch wer bereits ein Testament errichtet und jetzt im Ausland lebt, sollte dieses unbedingt überprüfen oder am besten von einem Erbrechtsexperten überprüfen lassen. Zwar bleibt ein Testament, das – egal in welchem Mitgliedstaat – nach den damals geltenden erbrechtlichen Vorschriften errichtet wurde, auch nach Inkrafttreten der Erbrechtsverordnung formell wirksam. Aber es kann zu Problemen mit der inhaltlichen Gültigkeit und bei der Auslegung kommen, wenn das Testament mit den Begriffen und nach den Regeln des damals anwendbaren Rechts verfasst wurde, die das Erbrecht der Wahlheimat nicht kennt. Ein Beispiel: Frankreich, Italien und Spanien erkennen das im deutschen Recht vorgesehene und in Deutschland sehr beliebte Ehegattentestament nicht an. Bei einem deutschen Ehepaar, das in Deutschland ein Berliner Testament errichtet und dann nach Mallorca gezogen ist, kann dies dazu führen, dass die Verfügungen nicht anerkannt werden. Problematisch ist auch ein deutsches Testament, das etwa Vor- und Nacherbschaft anordnet, dann aber das Wohnsitzrecht – zum Beispiel das spanische Recht – zum Zug kommt, das diese Begriffe gar nicht kennt. Es wird sich zeigen, wie die nationalen Gerichte mit dieser Problematik ab August dieses Jahres umgehen.
Betroffene sollten dies aber nicht abwarten, sondern jetzt schon von sich aus aktiv werden. Das deutsche Ehepaar mit Wahlheimat Mallorca und deutschem Berliner Testament muss nicht etwa das gesamte Testament ändern. Es genügt ein formwirksamer handschriftlicher Zusatz zu diesem Testament, von beiden Ehepartnern unterzeichnet, in dem sie ihr Wahlrecht ausüben und bestimmen, dass das deutsche Erbrecht für ihren Nachlass gelten soll. Wer jetzt ein neues Testament errichtet, kann auch – unabhängig davon, ob er Umzugspläne hat oder nicht – rein vorsorglich schon einmal eine Rechtswahlklausel mit in sein Testament aufnehmen und bestimmen, dass für seinen Nachlass das deutsche Erbrecht unabhängig von seinem Aufenthaltsort bei seinem Tode gelten soll.