München, 13.09.2024
Gerade in jungen Jahren setzen sich Ehegatten häufig wechselseitig zu Alleinerben ein. Verstirbt dann ein Ehegatte frühzeitig, sind die minderjährigen Kinder damit automatisch enterbt. Dies ist ja auch meist sinnvoll, um die optimale Versorgung des überlebenden Ehegatten zu gewährleisten und Mitspracherechte des Familiengerichts zu verhindern, die bei einer Erbengemeinschaft zwischen dem überlebenden Ehegatten und minderjährigen Kindern entstehen würden. Aber wie ist es mit dem Pflichtteil? Auch minderjährige Kinder haben in einer solchen Konstellation einen Pflichtteil und es stellt sich daher die Frage, ob das Familiengericht Ergänzungspflegschaft anordnen müsste, damit der Pflichtteil der Kinder gegenüber dem überlebenden Ehegatten geltend gemacht wird. Finanziell wäre dies oft eine Katastrophe, wie folgendes Beispiel zeigt:
Der verstorbene Ehemann M. war Alleineigentümer des Einfamilienhauses, in dem er zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden minderjährigen Kindern wohnt. Das Haus hat einen Wert von 1 Mio. EUR. Als er verstirbt, erbt die Ehefrau das gesamte Haus, um darin zusammen mit den Kindern weiter wohnen zu können. Müsste sie den Pflichtteil der beiden Kinder von zusammen 250.000,00 EUR auszahlen, so wäre sie gezwungen, das Haus zu verkaufen.
In einer wegweisenden Entscheidung hat das Oberlandesgericht Köln (Beschluss vom 17.04.2024 – 10 WF 16/24) dies aber ausgeschlossen. Der Leitsatz lautet:
„Der überlebende Ehegatte ist als gewillkürter Alleinerbe nicht schon kraft Gesetzes von der gesetzlichen Vertretung der Kinder ausgeschlossen, wenn es darum geht zu entscheiden, ob die beim Tod des anderen Ehegatten entstandenen Pflichtteilsansprüche der Kinder geltend gemacht werden.“
Entscheidend für das Gericht war dabei, dass die Verjährung der Ansprüche der minderjährigen Kinder ohnehin bis zur Vollendung ihres 21. Lebensjahres gehemmt ist (§ 207 BGB). Diese praktisch enorm wichtige Entscheidung ist für viele Familien eine großen Beruhigung.