Der Erbenbrief: Platz für persönliche Motive
Das Deutsche Forum für Erbrecht empfiehlt für persönliche Erläuterungen an die Nachkommen einen Erbenbrief, der dem Testament beigelegt werden kann.
München, 07.11.2013 Viele Erblasser haben den Wunsch, den Erben zu erläutern, welche Motive sie bei der Abfassung des Testaments hatten. Bei einer Vermischung der letztwilligen Verfügungen im Testament mit dieser Motivschilderung besteht die Gefahr, dass das Testament unklar wird, ja dass sogar aufgrund missverständlicher Formulierungen eine spätere Testamentsanfechtung erfolgreich ist, obwohl dies vom Erblasser nicht beabsichtigt war. Deswegen appelliert Dr. Anton Steiner, Fachanwalt für Erbrecht und Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht: „Das Testament sollte ein kühl formuliertes, juristisches Dokument sein!“
Der Erbenbrief ist hingegen die zugehörige Erläuterung, die keine juristische Relevanz hat, vielen Erblassern aber dennoch sehr am Herzen liegt. Aus dem Erbenbrief sollte klar hervorgehen, dass es sich hierbei um kein Testament handelt. Die Abgrenzung zwischen Testament und Erbenbrief muss eindeutig sein. Dabei ist auch unbedingt eine Klarstellung empfehlenswert, dass der Erbenbrief nicht zur Auslegung oder gar Anfechtung des Testaments herangezogen werden soll.
Beispielhafter Erbenbrief:
Wie ein Erbenbrief aussehen kann, zeigt folgendes Beispiel eines verwitweten Erblassers, der drei Kinder hat:
Liebe Kinder!
Wenn Ihr diesen Brief nach meinem Tode lest, so hoffe ich, dass Ihr Euch weiterhin gut vertragt und versteht, warum ich das beigefügte Testament so und nicht anders abgefasst habe.
Du, mein lieber Sohn Peter, wirst Dich wahrscheinlich wundern, dass Du wertmäßig weniger erhältst als Deine beiden Geschwister, obwohl Du uns in der Schul- und Ausbildungszeit am wenigstens Sorgen gemacht hast, nachdem Du stets brillant abgeschnitten hast. Ebendies ist der Grund, denn aufgrund Deiner hervorragenden Ausbildung wirst Du stets, wie auch jetzt schon, eine gutverdienende Anstellung haben.
Du, liebe Tochter Marion, erhältst wertmäßig am meisten, weil Du es am schwersten hast: Du hattest Deinen Beruf aufgegeben, um zwei Kinder großzuziehen, nach der Scheidung von Deinem Ehemann ist wirtschaftlich alles sehr knapp und es lag mir deshalb sehr daran, Deine Altersversorgung zu stärken. Zugleich habe ich Dir im Testament auch deshalb die Ferienwohnung am Gardasee zugewiesen, weil ich weiß, dass Dir daran am allermeisten gelegen ist und dass Du sie am besten nutzen kannst.
Bei Dir, liebe Tochter Beate, ist es mir am schwersten gefallen, eine Entscheidung zu treffen: Einerseits bist Du mit einem Ehemann verheiratet, der aus vermögendem Haus ist, andererseits möchte ich nicht, dass Du das Gefühl hast, nur deshalb seine Kostgängerin sein zu müssen, ich habe deshalb einen Mittelweg gewählt und Dir zwar mehr als Peter, aber deutlich weniger als Marion zugewiesen. Ich bitte Dich, auch dies zu verstehen.
Ihr seht, gerecht zu sein ist nicht einfach, ich habe mich jedenfalls nach besten Kräften bemüht, jedem von Euch gerecht zu werden, wobei ich Euch alle stets gleich geliebt habe.
Euer Papa
P. S.: Aus juristischen Gründen muss ich noch folgendes anfügen: Dieser Erbenbrief ist kein Testament und enthält auch keine letztwilligen Verfügungen juristischer Art. Er soll auch nicht zur Auslegung oder gar Anfechtung meines Testaments herangezogen werden. Selbst wenn in diesem Erbenbrief Fehleinschätzungen zum Ausdruck kommen sollten, soll dies nichts am Testament ändern.
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Vielen Dank für diesen Artikel zum Erbenbrief. Gut zu wissen, dass man Worte an seine Erben und persönliche Motive nicht mit dem Testament mischen sollte, sondern diese gesondert aufschreiben kann. Ich möchte mein Testament erstellen und hätte nicht gedacht, dass dies sonst zum Problem werden kann.