Der Brexit und das deutsche Erbschaftsteuerrecht: die Folgen
München, 11.02.2019 Während sich beim eigentlichen Erbrecht fast nichts ändert, weil Großbritannien der Europäischen Erbrechtsverordnung ohnehin nicht beigetreten ist, werden sich durch den Brexit für viele Familien erhebliche erbschaftsteuerliche Nachteile ergeben. Der Grund ist Folgender:
Das deutsche Erbschaftsteuerrecht ist immer dann anwendbar, wenn zum Todeszeitpunkt entweder der Erblasser oder der Erbe in Deutschland ansässig war. Dann greift die sogenannte unbeschränkte Steuerpflicht, dies bedeutet, dass auch Vermögen in Großbritannien der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt, bspw. ein Mietshaus oder eine Betriebsstätte.
Das deutsche Erbschaftsteuerrecht mindert wiederum die oft erhebliche Steuerbelastung dadurch, dass Befreiungen gewährt werden. Beispielsweise gibt es bei vermietetem Wohnraum nach §13 d ErbStG einen Wertabschlag von 10 Prozent. Selbstgenutzte Immobilien bleiben unter bestimmten Voraussetzungen sogar komplett steuerfrei, wenn der Ehegatte oder Kinder erben (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 a – c ErbStG). Ganz besondere Bedeutung haben die Erbschaftsteuerbefreiungen für betriebliches Vermögen, dieses bleibt (unter allerdings sehr komplizierten Voraussetzungen) zu 85 oder gar zu 100 Prozent steuerbefreit.
Dr. Anton Steiner, Fachanwalt für Erbrecht und Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht: „All diese Steuerbegünstigungen setzen allerdings voraus, dass sich die Immobilie oder das Betriebsvermögen entweder in Deutschland, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes befinden. Durch den Brexit wird Großbritannien sowohl aus der Europäischen Union als auch aus dem Europäischen Wirtschaftsraum ausscheiden, so dass diese Steuerbegünstigungen dann nicht mehr gewährt werden. Familien mit Immobilien oder Betriebsvermögen in Großbritannien sollten daher prüfen, ob sie nicht noch vor dem Austrittsdatum Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, um die Steuervergünstigungen noch zu erhalten.“
Deutsches Forum für Erbrecht e.V. Prannerstr. 6 · 80333 München Präsident: Dr. Anton Steiner Vizepräsidenten: Dr. Constanze Trilsch, Dipl.-Kfm. Carl A. Gross, Gründungspräsident: Prof. Dr. Klaus Michael Groll www.deutsches-forum-fuer-erbrecht.de |
Pressekontakt: Eisenblätter Kommunikation Nikolaus Eisenblätter Eisenkramergasse 11 82362 Weilheim Tel. 0881 / 92799-351 Fax 0881 / 92799-352 E-Mail: eisenblaetter@n-eisenblaetter.de |
Vielen Dank für die Erklärung! Ich finde es sehr schade, dass Individuen unter Druck noch entscheiden mussten, ob sie ihre Immobilien rechtzeitig übertragen. Auch wenn ich mich mit dem Erbrecht nicht allzu sehr auskenne, so ein Fall fand in der Familie meines Partners statt und es hat mich schon sehr bestürzt. Sie mussten sich dafür extra Anwälte engagieren und noch um einiges mehr an Aufwand erwartete sie. Wer hätte gedacht, dass man die Folgen des Brexits selbst auf diese Weise miterleben würde?
Verrückt, dass durch den Brexit das Erbrecht zum Negativen verändert hat. Ich hätte nicht gedacht, dass es so weitreichende Folgen haben kann. Im besten Falle hilft wohl ein Rechtsanwalt fürs Erbrecht aus.